Ein Interview mit Robert Reisch, Chief Executive Officer des Gentner Verlags

Was denken unsere Mitglieder über den Mittelstand? Welche Probleme sehen sie? Wo kann der Maschinenraum helfen und welche Projekte setzen sie gemeinsam mit uns um? Robert Reisch, CEO des Gentner Verlags im Interview.

Interview | 19.05.2020

Lieber Robert, erzähl uns doch bitte ganz kurz etwas über Dich und den Gentner Verlag?

Den Gentner Verlag gibt es seit 1927 ­– also fast 100 Jahren – und er wird in vierter Generation betrieben. Ursprünglich war der Verlag einmal eine klassische Buchbinderei, nach dem zweiten Weltkrieg haben wir dann die reguläre Verlagstätigkeit aufgenommen und von Fachzeitschriften, über Bücher bis hin zu Boulevard-Zeitschriften alles verlegt. Heute stehen vor allem zwei Verlagsbereiche im Fokus: Gebäude- und Medizintechnik, wobei die Gebäudetechnik rund drei Viertel der Arbeit und (digitalen) Publikationen einnimmt. Ich selbst bin eigentlich Jurist, arbeite aber seit 2008 für den Verlag und habe zu Anfang vor allem den Digitalbereich aufgebaut und die Digitalisierung im Unternehmen vorangetrieben. Zuletzt war ich CDO des Verlags, seit Mai diesen Jahres bin ich CEO und habe den Posten meines Vaters übernommen.

Warum ist der Mittelstand für Deutschland so wichtig?

Ich bin der Meinung, dass der Mittelstand aus zwei Gründen besonders wichtig für Deutschland ist: Zum einen wäre da das Zahlenwerk, der statistisch große Einfluss. Die schiere Masse an Mittelstandsunternehmen und unzähligen Arbeitsplätzen, die sie zur Verfügung stellen, sind in Deutschland beispiellos. Zum anderen ist da aber auch der emotionale Aspekt, der sich in der derzeitigen Corona-Krise besonders bemerkbar macht: Ein Familienunternehmer führt besser durch Krisen, weil er erst in zweiter Linie auf die wirtschaftlichen Faktoren schaut. Kurzfristig geht er eher in Vorleistung, weil er aufgrund der Bindung von Kapital und Eigentum einen eher nachhaltigen Blick des Wirtschaftens hat. Familienunternehmer haben außerdem aufgrund der Historie, den über Jahrzehnte oder Jahrhunderte gewachsenen Strukturen und den achtsamen Umgang mit- und untereinander eine viel emotionalere Bindung zu ihren Mitarbeitern. Das führt dazu, dass deutlich seltener der Rotstift angesetzt bzw. Stellen gestrichen werden. Ich würde behaupten, dass ihr Commitment den Mitarbeitern gegenüber größer ist als in anderen Unternehmen, das wirkt sich auch produktiv auf die Arbeitsleistung und den Zusammenhalt aus.

Wo steht der Mittelstand, wenn es um Innovation und Digitalisierung geht? Was sind die größten Herausforderungen?

Das sollte man differenziert betrachten. Mein Eindruck ist, dass mittelständische Unternehmen aus den Bereichen Dienstleistung, Medien und Services bereits recht weit in Sachen Digitalisierung sind. Warenhersteller, das Handwerk und das produzierendes Gewerbe tun sich da deutlich schwerer. Das liegt u. a. auch an den vorhandenen, teilweise stark verkrusteten Strukturen in Familienunternehmen, weshalb die Digitalisierung oftmals mit einem Generationenwechsel einhergeht, mit dem diese verkrusteten Strukturen dann aufgebrochen werden. Ein Unternehmer versucht immer, am Anfang seine Duftmarke zu setzen. Die neue Generation muss sich profilieren. Damit einher geht das Rekrutieren von Mitarbeitern. Hier steht der Mittelstand aktuell noch vor einer großen Aufgabe, weil die Standorte meist nicht attraktiv genug für die so dringend benötigten Talente sind. Der typische Mittelstand sitzt halt nicht in Berlin. Auch ist das nötige disruptive Mindset noch nicht in der Breite vorhanden, die es bräuchte, um wirkliche Innovation, um wirkliche Transformation zu ermöglichen. Der Mittelstand braucht deutlich länger für Entscheidungen und ist im Übrigen auch nicht gut darin, zu kommunizieren, was man besonders gut kann. Ich glaube nämlich nicht, dass wir immer nur den Vereinigten Staaten hinterherrennen. Im Bereich Medizin- und Biotechnik sind wir sogar weitaus progressiver als unsere Nachbarn jenseits des Atlantiks. Und auch sonst gibt es natürlich immer wieder Leuchttürme, kleine Inseln der Hoffnung, die uns Unternehmern Mut machen sollten.

Wie kann der Maschinenraum helfen? Warum ist er so wichtig?

Der Maschinenraum ist für mich genau die Plattform, die der Mittelstand aktuell braucht. Corona wirkt hier wie ein Brennglas. Was wir im Lichte der Corona-Krise nämlich sehen ist, dass die Bereitschaft zum Austausch spürbar zunimmt; sowohl zu geschäftsnahen, aber auch zu geschäftsfernen Themen (und Unternehmen). Der Maschinenraum trägt mit seinem Konzept diesen Geist fort, indem er ein sicheres Ökosystem aufbaut, in dem Mittelständler sich austauschen, ihre Sorgen und Ängste teilen und aus den Fehlern anderer lernen können, ohne dass die Stechuhr permanent mitläuft und hohe Stundensätze abgerechnet werden. Auch sind die Herausforderungen des Mittelstands andere als die, mit denen sich beispielsweise die DAX-Unternehmen konfrontiert sehen. Der Maschinenraum berücksichtigt all das in seinem speziell für den Mittelstand konzipierten Netzwerk.

Welches Projekt setzt ihr im Maschinenraum um bzw. wie nutzt ihr den Maschinenraum?

Ich nutze den Maschinenraum in der Regel an zwei Tagen im Monat als Arbeitsplatz, um in einer anderen Umgebung zu arbeiten und mich mit Leuten zu umgeben, die eine andere Sicht auf die Dinge haben. Darüber hinaus nutzen wir den Maschinenraum vor allem als Plattform für eigene Veranstaltungen, wie zum Beispiel de B2B-Summit. Unser Kerngeschäftsfeld im Verlag sind (digitale) Publikationen rund um die Gebäudetechnik. Der Maschinenraum mit seinen guten Verbindungen dient uns hierbei als Hafen und Netzwerkknoten für die eigene Community, die ebenfalls Inspiration braucht, wenn es um Digitalisierung geht.

Das Beste am Maschinenraum in einem Satz?

Der Maschinenraum bietet Raum für Austausch und bringt Menschen mit unterschiedlichen Fähigkeiten zusammen, die sonst so wahrscheinlich nie zusammenkommen würden.


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